TIMMY’S ORGANISM

Knabenschule, Darmstadt, 4.10.2017

Timmy's OrganismJa, ich gebe es zu. Videoclips, Flyer und auch Plattencover verleiten mich nicht selten dazu, ein Konzert zu besuchen oder ein Album zu erwerben – auch wenn mir die Band völlig unbekannt ist. Im Falle von TIMMY‘S ORGANISM war es der Clip zum Song „Back in the Dungeon“ (unbedingt auf YouTube anschauen!), der mich überzeugte, gestern die Bessunger Knabenschule in Darmstadt aufzusuchen. Bei meiner Ankunft saß der Frontmann Timmy Vulgar (rechts) laut grölend an der Theke und war dabei, die einzelnen Schnapssorten, die die Bar zu bieten hat, durchzuprobieren. Vielleicht wollte er sich in Stimmung für die Show bringen, vielleicht lag es aber auch daran, dass sich bisher – es war Viertel nach Zehn – erst zehn Besucher eingefunden hatten.


Das mag daran gelegen haben, dass es ein Mittwochabend war, vermutlich aber mehr an der Tatsache, dass TIMMY‘S ORGANISM einfach keine Sau kennt. Infos über das Trio sind spärlich: Timmy, Jeff und Blake stammen aus Detroit, sind nicht mehr die Allerjüngsten, haben bereits in diversen Acts wie HUMAN EYE, den EPILEPTIX und den CLONE DEFECTS gespielt. Und sind, betrachtet man die psychedelischen Plattencover, halluzinogenen und das Bewusstsein erweiternden Drogen nicht abgeneigt. Gleiches lässt auch die Bandbeschreibung auf dem Facebook-Profil vermuten, die ein Kollege des amerikanischen Thrasher Magazine geliefert hat: „Ugly, ugly music made by hideous goblins from the most disgusting basements of Detroit.“ Na denn, auf ins musikalische Abenteuer…

Timmy's OrganismEtwa gegen halb Elf begann die Band ihren Gig vor immerhin 20 Leuten. Dabei wirkten die Jungs zunächst etwas derangiert. Gitarrist und Shouter Timmy zog zunächst eine goldene Glitzerjacke an, nur um diese im nächsten Moment wieder auszuziehen, Basser Jeff Giant wirkte, als ob er eine Überdosis Space-Cookies gegessen hatte und nun nicht mehr in der Lage war, sich zu bewegen und Drummer Blake Hill erweckte den Anschein, als ob er nicht genau wüsste, wo er hier überhaupt sei und was er hier solle.

Die Szenerie erinnerte irgendwie an den Film „School of Rock“, in dem ein durchgeknallter Jack Black seiner biederen Schulklasse das Rocken beibrachte. Und tatsächlich, als Timmy das erste Riff anstimmte und wie Timmy's OrganismRumpelstilzchen über die Bretter tobte, erwachten auch Jeff und Blake zum Leben und brachten den Garage-Punk-Zug ins Rollen. Was nun folgte, waren 45 Minuten brachialer, primitiver Rawk‘n‘Roll, der mal punkig, mal spacig und mal psychedelisch, aber stets mitreißend daher kam. Die sägende Gitarre und der angepisste, aggressive Gesang trugen ihren Teil zu einem Sound-Bastard bei, der irgendwo zwischen DEAD MOON, den COSMIC PSYCHOS und den WIPERS angesiedelt ist.

Timmy's OrganismLeider war der Gig von einigen Unterbrechungen geprägt, beispielsweise als Timmy eine Saite riss, was, wie er erklärte, ihm eigentlich jeden Abend passiert. Aus diesem Grund stand die Ersatzgitarre bereits griffbereit, doch bei dieser haperte es dann mit dem Gurt, der kurzerhand mit Isolierband geflickt wurde. Bei dieser Gelegenheit umwickelte er sich sicherheitshalber gleich noch seinen Kopf mit Isolierband, denn, so Timmy, es könnte ja etwas rausfallen, sein Hirn zum Beispiel.

Timmy's OrganismEinige Songs später riss er sich das Band wieder mit kräftigem Ruck inklusive einiger Haare vom Kopf. Später musste Timmy dann noch aufs Klo und ließ seine Kollegen einige Minuten recht verdutzt auf der Bühne stehen. Soll heißen, es ging recht chaotisch, nicht aber dilettantisch zu. Ich empfand den Gig als kreatives Chaos eines Musikers, der den Rock‘n‘Roll im Blut hat und auf dem Podest zu Timmy's Organismeiner der psychedelischen Kreaturen seiner Albumcover mutiert. Das aktuelle, vierte Album „Eating Colors“ sei daher empfohlen, nicht zuletzt aufgrund des wirklich durchgeknallten Bandfotos auf dem Innersleeve.

Links: https://de-de.facebook.com/timmys.organism/, https://timmysorganismband.bandcamp.com/, https://www.instagram.com/timmys_organism/, https://www.last.fm/music/Timmys+Organism, http://timmyvulgar.blogspot.de/

Text & Fotos: Marcus

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