CAPACES & FIFTY MILLION FINGERS

Au, 6.04.2012

„Whatever it is I’m against it“ heißt die aktuelle Scheibe der aus Barcelona stammenden CAPACES und der Titel deutet bereits an, in welche Richtung es geht. Das Quartett sympathisiert textlich wie musikalisch mit schnellen Punk’n‘ Roll-Combos wie ZEKE, den DWARVES und den BULEMICS. Zumindest für die letzteren Bands dürften die Chancen, jemals in der Au aufzutreten, gen Null tendieren, da sie als frauenfeindlich gelten – obwohl sich ihre Texte nur unwesentlich von denen der Begründer des Punk-Genres (NEW YORK DOLLS, DICTATORS, DEADBOYS, etc.) unterscheiden. Doch dazu später mehr…

Trotz des langen Oster-Wochenendes war die Au leider nur zur Hälfte gefüllt, vermutlich wollte sich das Gros der Punk-Fans für den am nächsten Tag folgenden Abschiedsgig der HANSON BROTHERS im Exzess schonen.

Los ging’s mit FIFTY MILLION FINGERS (links), Punkrockern aus Wiesbaden, von denen mir zumindest der Drummer von den Bands M.A.M.A. (ME AND MY ASSHOLE) und BLUTSÄGE DES TODES bekannt war. Bei 50MF geht es nicht ganz so brachial und geknüppelt, dafür aber dreckiger und rockiger als bei den genannten Gruppen zu. Das Trio trat den Anwesenden gehörig in den Arsch und brachte das Publikum schon mal in Stimmung für den Hauptact.

Nach einer etwa ein Bier dauernden Umbaupause legten THE CAPACES los, die mich mit ihren Alben bisher nicht wirklich begeistern konnten. Weder im Songwriting noch in der Produktion kommen sie an die Scheiben ihrer mutmaßlichen Vorbilder heran; auch wenn mächtig aufs Gaspedal getreten wird, finden sich auf den seit 1989 veröffentlichten vier Alben lediglich eine Handvoll brauchbarer Songs. Umso gespannter war ich auf die anstehende Live-Performance der Gruppe um Shouterin Martillo. Und die konnte sich durchaus sehen lassen; stand in puncto Energie und Spielfreude den Bands, von denen der Bassist und der Gitarrist Shirts trugen, in nichts nach. Okay, es ging nichts zu Bruch und es gab auch keine blutigen Nasen, aber die Frontfrau-Qualitäten der Sängerin waren beachtlich und erinnerten mich, es war ja Ostern, an einen Duracell-Hasen, der ohne Rast und Ruh’ am Rumzappeln war.

Während des Gigs machte innerhalb der Band des öfteren eine Jim Beam-Flasche die Runde, wobei es allerdings den Anschein hatte, dass diese eher aus Gründen der Image-Pflege herumgereicht wurde; bei DEAD MOON wirkte dieses Ritual jedenfalls authentischer. Der nur zögernde Genuss des Whiskeys tat dem auf der Bühne entfachten Orkan jedoch keinen Abbruch, die CAPACES rockten und rissen das Publikum mit. Schade nur, dass Martillo des Englischen nicht mächtig ist und die Ansagen allesamt in Spanisch machte. So werden wir nie erfahren, ob die Frau das Publikum beschimpft oder gepriesen hat. Nach knapp einer Stunde war der Punkrock-Hurricane schließlich vorüber und hinterließ einen durchweg positiven Eindruck. Eine Scheibe würde ich mir zwar immer noch nicht kaufen, da keiner der Songs hängenblieb und alles eher wie ein Flächenbombardement klang. Live würde ich mir die CAPACES aber jederzeit wieder ansehen, vielleicht ja mal im Package mit ZEKE oder den DWARVES, jenen Bands, die über eine ähnlich energiegeladene Live-Präsenz verfügen.

Eine recht witzige Anekdote aus der Reihe „Geschichten aus dem Auenland“ ereignete sich im Anschluss an den Auftritt, als ich mich wieder dem gemütlichen Trinken widmen wollte: Mir fiel ein Aufkleber ins Auge, der einem Besucher auf den Rücken geklebt worden war. „Sexistische Kackscheiße“ prangte dort in großen Lettern, eine Aussage, die offenbar gegen die Band und die Besucher gerichtet war, die Spaß am Konzert hatten. Warum, erschloss sich mir nicht. Etwa weil die Sängerin der CAPACES es gewagt hatte, nicht in einem Kartoffelsack aufzutreten und sich auf der Bühne selbstbewusst und als starke Frau präsentierte? Ist das sexistisch? Und wie ist dann eine der wichtigsten Bands der Punk-Geschichte einzuordnen, die 1977 gegründeten PLASMATICS mit ihrer Frontfrau Wendy O. Williams, gegen die die CAPACES-Sängerin wie eine Ordensschwester wirkte? Diese Frage konnte mir die Verbreiterin der Aufkleber nicht beantworten, denn sie hatte leider noch nie von den PLASMATICS gehört. Ich ließ mir aber auch gern ein Exemplar aushändigen, denn wie’s aussieht, stehe ich auf sexistische Kackscheiße oder wie ich es nenne: Rock’n’Roll.

Die Homepage der Spanier http://www.thecapaces.com/ verlinkt derzeit (noch?) auf die Myspace-Seite http://www.myspace.com/thecapaces, Hörproben des Wiesbadener Supports sind unter http://www.myspace.com/fiftymillionfingers zu finden.

Text & Fotos: Marcus

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