TAV FALCO & C-TYPES

Orange Peel, 25.01.2013

Mehrere Jahre war er nicht in Frankfurt, dann sorgte er im vergangenen Mai im Rahmen seiner „German Invasion 2012“ für einen vollen Ponyhof und machte nun, knapp acht Monate später, erneut in Frankfurt Station: der amerikanische Tausendsassa TAV FALCO mit seiner Backingband PANTHER BURNS. Diese bezeichnet sich selbst ganz unbescheiden als „Unapproachable“, was sowohl „unerreichbar“ als auch „unnahbar“ oder sogar „abweisend“ bedeuten kann. Letzteres war sie, wie ihre Show später noch zeigen sollte, mit Sicherheit nicht; ersteres dagegen schon eher. Aber dazu weiter unten mehr. Für die Late Show angekündigt: Die C-TYPES, die stets für eine Überraschung gut sind und auf die man ebenso gespannt sein durfte.

Der Abend begann allerdings mit Verspätung: Irgendwie scheint es in letzter Zeit in Mode gekommen zu sein, erstmal draußen vor dem Club auf Zutritt warten

zu müssen, obwohl die Einlasszeit längst lang überschritten ist. Standen wir kürzlich vor dem Dreikönigskeller beim Konzert der BLUE RIBBON FOUR eine knappe halbe Stunde vor verschlossener Tür, war es diesmal für diejenigen, die um 21 Uhr vor Ort waren, mehr als eine geschlagene Stunde. Verspäteter Soundcheck hin oder her, das Publikum bei diesen Außentemperaturen draußen warten zu lassen (im Orange Peel war wenigstens der Vorraum zugänglich) ist höchstens für die Besitzer der umliegenden Kneipen und Imbissbuden eine Freude.

Als sich nach 22 Uhr die Tore des Venues dann doch geöffnet hatten, ließ Gustavo Antonio Falco, genannt Tav, seine auch diesmal zahlreich zu dem Gig gepilgerten Anhänger/innen erfreulicherweise nicht mehr allzu lang warten. Nachdem die italienische Schlagzeugerin Giovanna Pizzorno im Bikini-Top ein Solo-Tänzchen absolviert hatte (nett anzusehen, aber im Grunde völlig verzichtbar) betrat der Grandseigneur des Rock ’n’ Roll und des Rockabilly das Podest, adrett gekleidet wie immer. Der Musiker, Schauspieler und Filmregisseur ist eine extravagante Persönlichkeit und das sieht man ihm an: Ockerfarbenes Beinkleid zu türkis schillerndem Jackett über dem weit geöffneten weißen Hemd, dazu schwarze Sneakers mit weißem Streifen auf der Oberseite. Dass der Mann auf sein Aussehen hält, war auch daran zu erkennen, dass er ab und an nach einem schnelleren Song einen Kamm aus der Tasche zog, um sich die Frisur zu richten.

Die Show startete mit dem wunderbar Garage-lastigen „Pantherman“, von TF erstmals vor über 30 Jahren auf der „Blow Your Top“-EP veröffentlicht. Im Anschluss folgten mit „Funnel of Love“ und „Tobacco Road“ zwei von vielen weiteren Gassenhauern, die das Quintett in der ihm eigenen, unnachahmlichen Art interpretierte. Ich war nie ein erklärter Fan von Tav Falco, aber das Konglomerat aus Garage, Rock, Blues, Rockabilly und sogar

Tangomelodien (von ihm selbst als „Demented Tango“ bezeichnet), ist einzigartig und wird von dieser Band perfekt dargeboten. Die Mischung macht hier im wahrsten Sinne die Musik; das Publikum war binnen Minuten eingefangen.

Schon zu Beginn des Sets war solide Handwerkskunst gefragt: Nachdem eine Saite an seiner Gitarre gerissen war, zog sich Falco in den hinteren Teil der Bühne zurück, setzte sich seine Brille auf und steckte sich eine leuchtende Taschenlampe in den Mund. Während er sein Instrument reparierte, spielten und improvisierten Pizzorno, Gregoire Garrigues (Gitarre, oben), Laurent Lanouzière (Bass) und ein mir nicht bekannter Keyboarder auf einer geschätzten Länge von zehn Minuten munter weiter, ohne dass dies irgendwie langweilig geworden wäre. Vollblutmusiker eben.

Es sollte nicht die einzige (kleinere) Panne bleiben: Für Schmunzeln sorgte die wenig stimmungsvolle, minutenlange Übertragung der Fehlermeldung von einem Laptop-Monitor auf die Leinwand hinter den Musikern (Bild in der Galerie). Überhaupt wäre die „psychedelische“ Licht- und Filmschnipsel-Show, die sonst projeziert wurde, nicht nötig gewesen. Die mag bei Beatbands zwar ausgezeichnet passen, für TAV FALCO’S PANTHER BURNS hätte eine schummrige, in Rot- und Gelbtönen gehaltene Beleuchtung meines Erachtens eine passendere Atmosphäre kreiert. Manchmal kann weniger mehr sein.

Eher mehr als weniger hätten die meisten Anwesenden gern gesehen von dem argentinischen Tango, den Tav Falco mit Tänzerin, Dichterin und Model Via Angeline

Kali auf die Bühne brachte und der alles andere als „demented“ war. Die Performance zu „Drop Your Mask“ mit Kali, die seit 2006 die Band auf Touren begleitet, war zweifelsohne einer der absoluten Höhepunkte des Konzerts. Gegen Ende stieg der Bandleader noch zu den Besuchern hinunter und bediente seine Gitarre inmitten der Zuhörerschar auf dem Rücken liegend. Nach fast dreißig, teils überlangen Songs und einer Spielzeit von fast drei Stunden endete der Auftritt. TAV FALCO, der übernächstes Jahr 70 wird, hatte seinen Ruf als Marathonmann mal wieder eindrucksvoll bestätigt.

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Im Nachtprogramm, diesmal erst gegen 2 Uhr, erfreuten einmal mehr die C-TYPES aus Mainz. Ich sah sie erstmals vor zwei Jahren auf der Yellow Stage der Hazelwood-Studios, dann noch einmal 2012 als Support der PUTA MADRE

BROTHERS im Bett, wobei mir die Darbietung damals besser gefiel als die des Headliners PMB. Einer Wundertüte gleich lässt sich die Truppe sowohl akustisch als auch optisch immer wieder etwas anderes einfallen; bisher glich kein Gig dem anderen. Gestern betraten (Steh-)Schlagzeuger DM und Keyboarder FLoW die Bühne mit Masken, möglicherweise in freudiger Erwartung der Karnevalszeit, vielleicht hatten sie vor der Show auch noch eine Nachttankstelle um das Klimpergeld erleichtert. Der Sänger, Gitarrist und Theremin-Spieler Woody präsentierte sich passend zur Jahreszeit im schwarz/weißen Camouflage-Overall.

Sowohl der Front- als auch der Tastenmann gehören übrigens auch zum Line-up der vielleicht etwas bekannteren MEZCALEROS, über die wir in diesem Blog auch schon berichtet haben (hier). Während bei dieser Combo vorwiegend Gute-Laune-Cover zum Besten gegeben werden, frönen die Jungs bei den C-TYPES

ihrer Liebe zu, wie sie es auf ihrer MySpace-Seite bezeichnen, Surrealistic Surf und Industrial TangoTrash. Als Einfluss wird an ebenjener Stelle „The Devil“ genannt. Und so verwundert es nicht weiter, dass das erste und bisher einzige Album den Titel „Devil on 45“ trägt. Von diesem, inzwischen fast zwei Jahre alten Tonträger, schafften es nur noch wenige Tracks ins aktuelle Set („She-Devil“, „Evil Things“, „Devil on 45“ und das geniale, aber inzwischen schon fast von jedem gecoverte CRAMPS-Stück „Goo Goo Muck“).

Auch das übrige Songmaterial, angefangen beim Opener „Cleptomaniacs“ über „Dead Cat“, Robots“ und „Bring on the Nubiles“ animierte viele, Väterchen Frost vor der Türe (angekündigt war die kälteste Nacht des Jahres) noch ein wenig warten zu lassen. Und Woody war sich selbst nicht zu schade, im Zuschauerraum bei den letzten Tanzwilligen mitzumischen, dabei seine Gitarre über Kopf zu spielen, um schließlich auf der Bühne den sterbenden Schwan zu markieren. Glückwunsch, so hält man zu fortgeschrittener Stunde sein Publikum wach. Eine prima Show von einer der originellsten und besten Bands des Rhein/Main-Gebiets.

Links: http://www.myspace.com/pantherburns, http://viakalitango.wordpress.com/, http://www.c-types.com/, http://www.myspace.com/thectypes

Text & Fotos (CT): Stefan / Fotos (TF) & Clip: Kai

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