WEEDEATER, LUCIFER, ARABROT

Schlachthof, Wiesbaden, 6.10.2016

LuciferWEEDEATER waren mir vor dem gestrigen Besuch des Wiesbadener Kesselhauses völlig egal. LUCIFER spielten – die Formation um die Ex-THE OATH-Frontzauberin Johanna Sadonis (rechts), die ich bisher noch nicht live erleben konnte und die mit „Lucifer“ (2015) nicht das weltbeste Neo-Seventies-Okkultrock-Album veröffentlicht hat, aber ein sehr feines, welches häufiger meinen CD-Player verstopft. Reicht als Besuchsgrund. Als wenige Tage vor der Tour über Twitter bekannt gemacht wurde, dass darüber hinaus die Norweger ÅRABROT eröffnen sollten, war das auch kein Hinderungsgrund – als Special Guest der letzten KVELERTAK-Tournee beeindruckten sie schon (Bericht hier) und das aktuelle Album „The Gospel“ klang beim ersten Hören zwar nicht zu den anderen Bands des Abends passend, Årabrotaber durchaus interessant. Also, pünktlich im Kesselhaus angedockt, mit dem richtigen Getränk versorgt und so ziemlich als einziger den Platz vor der Bühne okkupierend, harrte ich der Dinge, die da kommen sollten. Und sie kamen verdammt gut.

Årabrot

ÅRABROT-Boss Kjetil Nernes, in der Batschkapp noch voller Fell um sein Haupt (wie man es sonst nur von den Schamanen indigener Völker zu kennen glaubt), wechselt bei der aktuellen Inkarnation seiner Combo die Seiten und gab sich optisch wie ein früher Siedler des amerikanischen Kontinents. Amish People-Style. Oder sowas in der Art. Den Zeigefinger erhoben, wurde mit „The ÅrabrotGospel“ pünktlich um Acht der erste Knaller rausgehauen, rüder Industrial-Sound. Bassist Alex Macarte knallte seine Riffs, sprang dabei wie ein Flummi und hörte damit die nächsten 40 Minuten auch kaum wieder auf. Worum es in dem Song geht? Wenn ich das nur wüsste – der Videoclip dazu badet jedenfalls in der Zerstörung im Schützengraben. Flammenwerfer, Gasmasken, das ganze Programm. Dazwischen Gevatter Tod.


Auf dem Album wurde das derbe Geprügel (das mit Hardrock oder Metal überhaupt nichts zu tun hat, kein bisschen) mit Hilfe solcher Lärmfetischisten wie Steven O’Malley von SUNN O))) eingespielt, vom ehemaligen SWANS-ÅrabrotDrummer Ted Parsons sowie Andrew Liles von NURSE WITH WOUND beziehungsweise CURRENT 93. Außerdem noch Nernes Herzdame am Keyboard, Karin Park, die sonst gefälligeren Elektropop macht, der aber nicht ohne Reiz ist. Auf der Tour ist sie auch dabei, ungleich fieser im Sound, dabei die zaghaft am Tresen klebenden Anwesenden auffordernd, nach vorne zu kommen.

ÅrabrotDoch viel ging da nicht – ein großer Teil der Gäste zog nach ein paar Minuten vors Haus, zum Rauchen und soziale Kontakte pflegen. Vielleicht auch zum Lästern. Die anderen wurden von einer akustischen Tour de Force malträtiert, die im kaum enden wollenden letzten Stück zu einem Malstrom mutierte, der wirklich nur noch verbrannte Erde hinterließ. Unglaublich. Meine Kinnlade fiel und später wurden Tonträger gekauft, die die nächsten Tage akustisch die Stube daheim dominieren. Hätte das Ganze vor PIL stattgefunden, hätte man die nicht mehr sehen wollen danach. Aber hier? LUCIFER kamen noch, und wegen denen war ich ja eigentlich hier. Schauen wir mal.

Meine Chefin meinte mal über mich, ich sei in den Siebzigern hängen geblieben. Ein ärgerliches Zitat, unpassend auch in meiner Wahrnehmung. Aber stehe ich auf die Ästhetik, den Sound und den Lifestyle der Seventies? Aber hallo. LuciferJohanna Sardonis geht das mit Sicherheit genauso: Stilsicher gewandet betrat sie mit ihren Jungs gegen 21 Uhr das Podest, nachdem das Thema des Polanski-Klassikers „Rosemaries Baby“ adäquat auf das Kommende eingestimmt hatte.

Lucifer

Und ihre Mitstreiter? Den Gitarristen Gary „Gaz“ Jennings sah man in Wiesbaden in gleicher Funktion mit den ähnlich gelagerten DEATH PENALTY im Vorprogramm von DANKO JONES (Clip dazu hier), der zweite Gitarrist Robin Tidebrink war mir komplett unbekannt, aber aus Schweden. Am Schlagzeug saß der auch beim LUCIFER-Vorläufer THE OATH trommelnde Andrew Prestidge (der mit ANGEL WITCH die legendärste Band in seiner Vita hat) und Luciferam Bass der ebenfalls bei der britischen Folk-Institution TREMBLING BELLS musizierende Alasdair C. Mitchel.

Eine gute Truppe, die sich vielleicht noch nicht optimal gefunden hat: Das Zusammenspiel wirkte zahm und frei von Überraschungen, die Darbietung kratzte an einer Pflichtübung, die kaum prägende Akzente setzte. Woran das lag? Obwohl es Stimmen gibt, die das LuciferGegenteil behaupten, bin ich der Meinung, dass die Songs gut genug sind um auf lange Sicht zu überzeugen – im Gegensatz zur Livepräsenz von Mitbewerbern wie BLOOD CEREMONY oder gar JEX THOTH wurde hier aber nur von Magie gesprochen, jedoch keine erzeugt. Schade, vielleicht beim nächsten Mal. Vielleicht waren meine Erwartungen im Vorfeld aber auch zu hoch und damit nicht erfüllbar.

Blieben zu guter Letzt noch die Kiffnasen von WEEDEATER, an die ich überhaupt keine Erwartungen hatte und die folgerichtig nur gewinnen konnten. Im Unterschied zu anderen Freunden des Hanfs ging das Trio aus North WeedeaterCarolina wenig filigran, sondern ziemlich heftig zu Werke, was mir nach ein paar Bier auch live ziemlichen Spaß machte. Extrem beeindruckend bei diesem einstündigen Sludge-Feuerwerk war mal wieder

Weedeater

der Drummer: Neuzugang Travis Owen stand nach wenigen Minuten derbst im Saft und musste sich seines Oberteils entledigen – verdrosch er nicht nur nach allen Regeln der Kunst sein zentral am Bühnenrand positioniertes Schlagwerkzeug, sondern jonglierte dabei noch fehlerfrei mit seinen Sticks (siehe unseren Clip unten). Großes Kino, nach den Schlagzeugern von KADAVAR, RUSSIAN CIRCLES und MUTOID MAN der nächste, der sitzend Frontmannqualitäten aufwies.

WeedeaterDass der größte Teil der Besucher mit der Party d’accord ging und den Headliner weitaus mehr abfeierte als die Supports vorher, mag als weitere Beschreibung der Show genug sein – ich war nur noch im Kopfwipp-Modus und froh, dass bei diesem Event nichts komplett daneben ging. Und: „Gimme Back My Bullets“ von LYNYRD SKYNYRD am Ende zu geben war ein nettes Sahnehäubchen. Doch weiter beschäftigen wird mich nach diesem Konzertabend hauptsächlich ÅRABROT.

Links: http://www.arabrot.com/, https://www.facebook.com/arabrotofficial, https://arabrot.bandcamp.com/, https://soundcloud.com/arabrot, http://www.last.fm/music/Arabrot, https://www.facebook.com/luciferofficial, http://www.last.fm/music/Lucifer, http://www.weedmetal.com/, https://www.facebook.com/weedmetal, https://myspace.com/weedeater, http://www.last.fm/music/Weedeater

Text, Fotos & Clips: Micha

Alle Bilder:

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