DEMENTED ARE GO, KING MOROI, TROUBLE IN MIND, DEADBEATZ

Das Bett, Frankfurt, 31.05.2019

Demented Are GoEiner kleinen Tradition folgend lud der Frankfurter Club „Das Bett“ zum wiederholten Male zum „Summer Trash Bash“. Headliner waren diesmal die Psychobillys DEMENTED ARE GO mit Frontmann Mark „Sparky“ Philips (rechts), als Support-Acts fungierten KING MOROI, TROUBLE IN MIND und die DEADBEATZ. Drei der Bands sollten im Verlauf des Abends die Bühne im Saal besteigen, das Trio TROUBLE IN MIND spielte in den beiden Umbaupausen im Außenbereich auf. Wie immer durfte – und das Wetter an einem der bisher schönsten Tage des Jahres lud förmlich dazu ein – vor der Halle gegrillt werden. Außerdem gab es wie gewohnt Stände mit Tonträgern und Devotionalien für die angereiste Rocka- und Psychobilly-Szene und mit den DJs Miss Tula Trash und Lord Gergel war für erstklassige Beschallung aus der Konserve gesorgt.

Nach Eintritt in den Saal fiel zuerst die riesige Bassdrum des Openers DEADBEATZ ins Auge: Sie zierte zwei rot illuminierte Totenschädel mit weit aufgerissenen Mündern. Daneben war eine kleinere Trommel mit der Aufschrift Deadbeatz„POW!“ in einer Sprechblase platziert, darüber befanden sich zwei Becken. Diese wurden nach Beginn der Show von David Karlinger, einem Teil des als „Austrian Blues Bopper Orchestra“ angekündigten Duos, mit der rechten Hand geschlagen. Geschlagen? Jawohl. Die Hand konnte keinen Drumstick aufnehmen, weil sie immer dann, wenn sie mal keine Laute auf dem Becken produzieren musste, die linke Hand Deadbeatzunterstützte, die ein Mikrofon samt Blues Harp oder Mundharmonika hielt. In dieses blies Karlinger hinein, während seine beiden Füße zusätzlich in bester One-Man-Band-Manier die Trommeln des Schlagzeugs traktierten. Habe ich so auch noch nicht gesehen, schaut es Euch am besten im Videoclip weiter unten selbst an.

Der andere Part des Duos, Bernie Miller, bediente den Kontrabass und sang, frei nach dem Band-Motto „too blues to be punk – too punk to be blues“ die Texte der irgendwo zwischen Blues, Rockabilly und Punk angesiedelten, originellen Combo. Diese hat nach einigen Singles und Sampler-Beiträgen in diesem Jahr ihren ersten Langspieler namens „Hangover No. 7“ Deadbeatzherausgebracht, der später am Merchstand feilgeboten wurde. Dort erzählte mir der sympathische Kerl mit der Schiebermütze und dem mächtigen Bart, der ebenso wie sein Mitstreiter seinen Tätowierer glücklich (und vermutlich reich) gemacht hat, dass ihm der Gig sehr viel Spaß bereitet habe – bestimmt ebenso viel wie denjenigen erstaunten Gästen, die die Österreicher das erste Mal auf der Bühne erlebten. Mir ging es genauso und ich kann nur sagen: Der Konzertabend hätte kaum besser beginnen können. Nach dem Ende des Auftritts drangen bei geöffneter Hallentür schon wieder andere Klänge an die Ohren der Besucher: Das Trio TROUBLE IN MIND hatte draußen sein Set begonnen.

TROUBLE IN MIND waren zwischen dem Eingang und den weiter rechts gelegenen Ständen platziert und sollten gleich zwei Sets darbieten: Das erste – noch bei Sonnenschein – nach den DEADBEATZ, das zweite – im Mondlicht – Trouble in Mindzwischen KING MOROI und DEMENTED ARE GO. Die Aschaffenburger schlugen dabei gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie sorgten im Außenbereich für Partystimmung und luden zudem zu einer Reise durch den Time Tunnel ein, denn nicht nur optisch wirkten die Jungs, als ob sie direkt aus den 1950ern ins Jahr 2019 teleportiert worden wären.

Trouble in MindAuch der bluesig angehauchte Rockabilly, angesiedelt irgendwo zwischen prominenten Acts wie Bill Haley und Carl Perkins und weniger bekannten Künstlern wie Darrell Rhodes, Art Adams und Bobby Roberts verstärkte diesen Eindruck. Nachdem das Trio bereits diverse Clubs in Frankfurt und Umgebung gerockt hat, erschien im September 2018 mit „Whole Lotta Trouble“ das Debüt-Album der Unterfranken, das an dieser Stelle jedem Rockabilly-Fan ans Herz gelegt sei.

Zurück im Saal stand nun KING MOROI auf dem Programm. Wer auch immer auf Psychobilly steht, dem dürfte das Trio mit Jerry Toothpaste (Gesang und Gitarre), Smirnov (Gesang und Kontrabass) und Monkey Boy (Schlagzeug) King Moroiein Begriff sein. Inzwischen hat die Formation aus dem Raum Frankfurt/Main als Support mit allen Größen des Psychobilly-Genres die Bühne geteilt und kann Koryphäen wie Mark „Sparky“ Philips (DEMENTED ARE GO), P. Paul Fenech (METEORS), Köfte de Ville (MAD SIN) und Co. beim x-ten Wiedersehen wohl ein vertrautes „Ei Gude“ bei der Begrüßung entgegenschmettern. Als Headliner absolvierte die Combo im King MoroiApril ihre zweite Osteuropa-Tour, die sie unter anderem nach Polen, Tschechien, Estland und Lettland führte.

Ich sah – so die Liste der vergangenen Shows auf der Band-Website vollständig ist – den neunten Gig der 2012 gegründeten Formation. Im Mai 2014 war das, als Support für DEAD ELVIS in der Bessunger Knabenschule in Darmstadt. Danach immer mal wieder, fast im Jahresrhythmus. Vergleicht man die frühen Auftritte mit dem von gestern, so gilt es zu konstatieren, dass die Band ihr Potenzial genutzt und sich stetig gesteigert hat: Die Songs sind aggressiver, die Jungs spielen jetzt schneller und sind auf dem Podest innerhalb ihres Aktionsradius umtriebiger, will heißen: Man schaut gerne zu, was die da auf der Bühne treiben. Da passiert was, das man nicht verpassen möchte.

King MoroiDenn was dem Trio nicht abhanden gekommen ist (und das ist gut so), ist die Spielfreude. Da wird trotz aller Anstrengung viel gelacht auf der Bühne, (Blick-) Kontakt sowohl zu den Mitmusikanten als auch zum Publikum gesucht. Man spürte zu jeder Sekunde, dass die Jungs Bock auf das haben, was sie da tun (und das ist weiß Gott nicht die Regel, schon gar nicht bei Psychobilly-Bands). Und soviel King Moroigute Laune strahlt auch auf die Konzertbesucher ab – uns hat die Darbietung jedenfalls so gut gefallen, dass wir mit der Band ein Interview abgesprochen haben. Watch out – im Lauf der nächsten Wochen in diesem Blog. Nach KING MOROI ging es nochmal hinaus an die frische Luft, wo TROUBLE IN MIND ihr zweites Set in der beginnenden Dämmerung starteten.

Das zweite Set von TROUBLE IN MIND hatte im Dunkeln noch einmal deutlich mehr Charme. Überhaupt muss man sagen, dass die Veranstaltung ihrem Event-Charakter vollauf gerecht Trouble in Mindwurde: Das Publikum verteilte sich vor und in der Halle, die Stände luden zum Stöbern ein und fürs leibliche Wohl war gesorgt, sofern man sich denn etwas zum Grillen mitgebrachte hatte. Auch die Anzahl der Gäste sprach dafür, dass sich der Summer Trash Bash etabliert hat. Das Mini-Festival war zwar nicht ausverkauft, wohl aber gut besucht und mit DEMENTED ARE GO stand als letzter Act des Abends ein prominenter Headliner auf der Bühne.

Es ist fast genau zehn Jahre her, seit wir das erste Mal in diesem Blog über die Waliser DEMENTED ARE GO berichtet haben (hier). Seither hat sich das Quartett um das einzige verbliebene Gründungsmitglied Mark „Sparky“ Philips gefühlt alle zwei Jahre ins Rhein/Main-Gebiet verirrt, die Jungs sind nach wie vor eine Größe ihres Genres und neben den METEORS und MAD SIN eine der wenigen Gruppen, die bei ihren Gigs mehr als hundert Leute anlocken. Dennoch gilt es festzuhalten, dass das Psychobilly-Genre schon bessere Zeiten gesehen hat: Die alten Bands Demented Are Gosterben aus, machen sich rar und Nachwuchs – zumindest vom Kaliber der Genannten – ist vorerst nicht in Sicht. DEMENTED ARE GO kommt in diesem traurigen Szenario immerhin die Besonderheit zu, dass es nicht nur Rockabilly-,  Psychobilly- und Rock‘n‘Roll-Fans sind, die sich auf ihren Konzerten tummeln, sondern auch Besucher aus dem Punkrock-Spektrum, da es die britisch-deutsche Combo wie keine zweite Formation versteht, Rockabilly-Rhythmen mit Punkrock-Attitüde und Horror-Thematik zu verknüpfen. Dies machen Sparky und seine Jungs nun bereits seit gut 37 Jahren und ein Ende scheint noch lange nicht absehbar.

Demented Are GoWegen des zum Markenzeichen avancierten Make-ups ist schwer ersichtlich, wie fit Sparky mit seinen geschätzten 55 Jahren noch ist. Die regelmäßigen Touren deuten aber darauf hin, dass er die Drogen-Exzesse der vergangenen Dekaden relativ unbeschadet überstanden hat. Bereits seit mehr als zehn Jahren mit von der Partie sind Gitarrist Holger und Basser Grischa von den Essener Psychos THE PITMEN, Demented Are Goneu im Team ist Drummer Gaybeul, der früher mal bei den französischen ASTRO ZOMBIES hinter der Schießbude saß. Diese geballte Routine spiegelte sich beim Gig am gestrigen Abend deutlich wider: Der Auftritt war grundsolide, die Setlist wies (nahezu) alle Hits der Formation auf, Sparkys Haare waren diesmal grün statt lila und auch das Make-up enttäuschte nicht.

Demented Are GoWer Sparky und seine Mannen zum ersten Mal erlebt hat, dürfte sicher Spaß gehabt haben. Als jemand, der DEMENTED ARE GO bereits mehr als ein Dutzend Mal gesehen hat, war ich dennoch ein wenig enttäuscht. Klar, die Jungs haben abgeliefert, aber ich hätte zumindest mal ein neues Show-Element, eine Ansage oder gar einen neuen Song erwartet – das letzte Album datiert immerhin aus dem Jahr 2012. Stattdessen wurde nahezu exakt die gleiche Setlist runtergespielt wie beim Konzert im gleichen Club vor sieben Jahren (Bericht dazu hier). Doch das ist Jammern auf hohem Niveau. Objektiv gab‘s an der Performance nichts auszusetzen und auch der Summer Trash Bash in seiner Gesamtheit wusste zu Demented Are Gogefallen. Nach dem Ende der Live-Musik ging es mit den DJs Miss Tula Trash und Lord Gergel weiter – und dank der sommerlichen Temperaturen und der ausgelassenen Partystimmung nutzten viele der Anwesenden das Angebot, um sich noch gepflegt einen hinter die Binde zu kippen. In diesem Sinne: Prost und bis zum nächsten Mal!

Links: http://deadbeatz.at/, https://www.facebook.com/deadbeatzmusic, https://www.instagram.com/deadbeatz2/, https://de-de.facebook.com/troubleinmind.band/, https://www.last.fm/de/music/Trouble+in+Mind, http://www.kingmoroi.de/, https://de-de.facebook.com/KingMoroi/, https://www.last.fm/de/music/King+Moroi, http://www.dementedarego.de/, https://www.facebook.com/demented-are-go/, https://www.last.fm/de/music/Demented+Are+Go!

Text (Deadbeatz, King Moroi): Stefan / Text (Trouble in Mind, Demented Are Go): Marcus / Fotos (20) & Clips: Kai / Fotos (20): Eric, https://www.flickr.com/photos/vanreem

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