THE CURE

Festhalle, Frankfurt, 7.11.2016

The CureMontag Abend in Frankfurt. Hektisch vom Arbeitsplatz zur Messe gefahren, S-Bahnseite. Dann Richtung Skyline Plaza gelatscht, abgebogen zum Eingang der „Gud Stubb“, der Festhalle, die eigentlich ein furchtbarer Ort ist für Konzerte, aus verschiedenen Gründen. Aber doch so ein vertrauter. Hier fanden meine ersten Begegnungen mit Live-Musik statt, gleich fulminant mit Johnny Cash, kurz darauf die ersten Hardrock-Exzesse: DEEP PURPLE, AC/DC, you name it. Die ROLLING STONES. David Bowie. Irgendwann war es reizvoller, kleine(re) Shows zu besuchen, Subkulturen anderswo wachsen zu sehen, bei besserer Sicht, Sound und Verpflegung, meistens. Batschkapp, Sinkkasten, Negativ. Die dort auftretenden Acts schafften es manchmal auch, so groß zu werden um eines Tages in der Festhalle zu landen, aber selten. Und cure-schrift-330x175wenn, dann spielten sie meist musikalisch keine bedeutende Rolle mehr. HOSENmäßig.

Festhallen-Konzerte schaffen es auch immer, ganze Stadtteile vom Hauptbahnhof bis nach Bockenheim mit uniformierten Menschen zu fluten. Schreiende Teenies mit leuchtenden Neonbändern und gelangweilten Erwachsenen als Betreuungsperson bei Britney Spears oder Christina Aguilera (Funfact: Habe ich beide dort gesehen. Christina war cool). Schwarze Bandshirts The Cureund tropfendes Bier bei MOTÖRHEAD schon auf dem Hinweg; schwarze Shirts von nur einer, nämlich der spielenden Combo (gepaart mit dämlichem Geschwätz und ziemlich debilen Gesichtsausdrücken) bei PUR, UNHEILIG oder den blöden Lokalmatadoren aus Mainhattan, die das Ding wieder zweimal im Dezember in Nullkommanichts ausverkauften. FREI.WILD nahmen da eine Liveplatte auf. In den Siebzigern taten das 10 YEARS AFTER. Hat sich viel getan, massengeschmacksmäßig, in den letzten 40 Jahren.

The CureAuf 20 Acts in der Festhalle kommt aber auch mal ein guter. Im gestrigen Fall jedoch wäre es nicht möglich gewesen, ihn aufgrund der Garderobe der Gäste zu prognostizieren. So gut wie jeder, der gesittet und erwachsen vor der Halle seine Taschen durchleuchten ließ, hätte jetzt auch in die Uni, den Supermarkt oder zum Feierabend-Bier pilgern können. Szene? Vielleicht früher mal.

The CureIn den 80-ern sah das noch ganz anders aus, THE CURE machten Mode, nicht nur großartige Musik. Robert Smith und seine Jungs sahen auf dem ersten Foto, dass ich Ende der Siebziger im Musik-Express von ihnen betrachtete, noch wie Straßenköter aus den Fünfzigern aus. Dann wuchs das Haar in ungeahnte, wuschelige Höhen und sollte so auch bleiben, wiewohl es wohl ausgedünnter ist anno 2016. Immerhin sind noch Haare da, was auf viele männliche Zuhörer am gestrigen Abend nicht zutraf. Dazu die Schminke und der immerwährende Kampf Smith’s mit seinem Hüftgold – optisch spielte die Band in einer eigenen Liga.

The CureMusikalisch sowieso. Deproperlen wie „Pornography“ (1982), durchgeknallter Psychorock wie „The Top“ (1984) und immer mehr Pop, aber von der auf- und anregenden Sorte. Mit „Love Cats“ mal locker alle Mid-Achtziger-Jazzpopper überholt. Und immer wieder dieses geile Gitarrenspiel, wavig und trotzdem oft The CureHendrix-like. THE CURE sind, zusammen mit THE MISSION, die letzten verbliebenen Dinosaurier eines alten, sich längst gewandelten Gothic-Begriffes. Im Gegensatz zu vielen Rock- Dinos machen beide Bands aber, wenn sie mal wieder ein Album einspielen, immer noch interessantes Zeug, das nicht wie ein neuer Aufguss alter Erfolgsformeln klingt. Das letzte Album von THE CURE, „4:13 Dream“ von 2008, bietet ein paar große musikalische Momente und damit mehr, als andere hinkriegen, die seit 37 Jahren Platten veröffentlichen. 37 Jahre. Alter.

The CurePromotet wurde dieses Album auf der Tour, acht Jahre nach dem Erscheinen, wohl nicht unbedingt. Nachdem die Schotten THE TWILIGHT SAD eine halbe Stunde eröffnen durften (Diese halbe Stunde war schön und gediegen, aber nicht The Cureso spannend wie ihr Auftritt im Vorprogramm von MOGWAI 2008. Passte schon zum Headliner, entbehrte aber jeglicher Höhepunkte. Besser mal im Club sehen.) starteten THE CURE mit „Shake Dog Shake“ von „The Top“, auch da der Eröffner. Schon sehr geil. Das psychedelische Inferno blieb aber aus – das Ganze wurde, trotz des IRON MAIDEN-Shirts des Bassisten, recht relaxt gegeben. Insgesamt 29 Songs aus elf Alben, das letzte wurde nur mit einem Lied bedacht („Freak Show“). Eingeteilt war die Show in vier Blöcke: Der erste war vorbei nach einer Stunde, ich war verwirrt: Schon Schluss? Die Band spielt doch manchmal drei Stunden? Tat sie in Frankfurt nicht ganz, 2,5 waren es am Ende.

The CureDie „Zugaben“ waren weitere längere Blöcke, ab dem zweiten gab es mehr Optik, sowas ist in der Festhalle ja immer ganz schön, auch wenn der Sound zu wünschen übrig ließ, wie immer. Aber nicht so schlimm wie bei Hardrock- The CureKonzerten, wie ich drei Tage später bei AIRBOURNE erleben durfte. Wer sich was hätte wünschen dürfen von THE CURE, hätte die meisten Wünsche wohl erfüllt bekommen – die Band, die die Setlist jeden Tag verändert, das Zeug aber dann meistens in einer anderen Reihenfolge spielt, blieb wenig schuldig. Nun ja, „Love Cats“ schon, aber das klang auf dem Live-Album von 2011 auch sehr verzichtbar, in meinen Ohren.

The CureIm Programm dagegen „A Forest“ (Highlight des Abends, meinte die FR. Ich auch.), „Just Like Heaven“, „In Between Days“, „Lullabye“, „The Walk“. Unterm Strich ein musikalisch sehr angenehmer Abend mit gerne wieder gehörten The CureBekannten. Pflichtbesuch jedoch nur, weil es eben THE CURE sind und die nicht alle Tage vor der Haustür spielen. Aufregende Dinge finden nach wie vor woanders statt, in kleineren Venues. Der einzige Mensch im Publikum mit Robert Smith-Frisur, geschätzt halb so alt wie fast alle anderen Anwesenden, mag das anders sehen. Täte ich auch, an seiner Stelle.

Links: http://www.thetwilightsad.com/, https://www.facebook.com/thetwilightsad, https://soundcloud.com/the-twilight-sad, https://www.reverbnation.com/thetwilightsad, http://www.last.fm/de/music/The+Twilight+Sad, http://www.thecure.com/, https://www.facebook.com/thecure/, https://myspace.com/thecure, http://www.last.fm/de/music/The+Cure

Text, Fotos & Clip: Micha

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